Moderne Lehrmethoden

Das streamende Klassenzimmer

Von Michael Gneuss und Katharina Lehmann · 2021

Die Digitalisierung macht noch immer vor vielen Schultoren halt. Nicht einmal jede zweite Schule verfügt über ein flächendeckendes WLAN-Netz; digitale Lernplattformen und Schultablets sucht man auch vergebens. Dabei könnte mit modernen Lehrmethoden viel für die Bildung erreicht werden – gerade jetzt in Corona-Zeiten.

Schüler:innen beim Lernen mit digitalen Medien
Foto: iStock / monkeybusinessimages

Tafel, Kreide und Schulheft im Klassenzimmer waren gestern – digitale Medien sind die Lehrmittel der Zukunft. Auf digitalen interaktiven Tafeln erarbeiten Lehrer und Schüler gemeinsam neue Lerninhalte, das Tafelbild speichern Schüler später einfach auf ihren Tablets. Lernvideos streamen Lehrer über den per WLAN vernetzten PC, der Beamer projiziert sie auf das Whiteboard. Die Hausaufgaben erledigen Schüler auf zentralen Lernplattformen. Dort können sie sich auch auf den nächsten Test vorbereiten. Lern-Apps belohnen sie durch sofortiges Feedback: Ein Ampelsystem gibt Auskunft darüber, ob eine Aufgabe richtig oder falsch gelöst wurde. Auch Lernspiele, die den Lehrstoff wiederholen und die Teamarbeit fördern, stehen zur Verfügung. Und selbst das – einst im Unterricht verpönte – Handy wird zum beliebten Lehrmittel. Schließlich kann es mittels QR-Code Lerninhalte herunterladen. 

Digitale Inhalte ermöglichen so die individuelle Förderung aller Schüler. Sie tragen damit zur Bildung aller bei und leisten einen wichtigen Beitrag zur Integration, Inklusion und sozialen Gerechtigkeit. Der schöne neue digitale Schulalltag könnte also effizient und einfach sein – wenn denn die Schulen die Potenziale, die die Digitalisierung ihnen bieten kann, auch heben würden.

Baustelle Digitalisierung

Doch noch verfügen nur wenige Schulen über Netzwerke und Endgeräte. So gab es zum Start des aktuellen Schuljahrs nur an sechs Prozent der deutschen Schulen digitale Endgeräte für alle Schüler. Das ergab eine repräsentative Befragung des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Verbands Bildung und Erziehung (VBE). An 13 Prozent der Schulen waren immerhin Geräte für alle Lehrkräfte vorhanden. Und 15 Prozent der Schulleitungen berichteten über Fortbildungen und eine hinreichende Vorbereitung der Lehrerinnen und Lehrer auf digitale Lehrmethoden. 

Immerhin: An 40 Prozent der Schulen gibt es nun WLAN in allen Räumen und die Hälfte der Schulen verfügt über einen Breitband-anschluss, weiß der VBE-Bundesvorsitzende Udo Beckmann. Das habe unmittelbar etwas damit zu tun, dass jede dritte Schule im vergangenen Jahr Gelder aus dem DigitalPakt erhalten hat. „Von einem Digitalschub zu sprechen, bleibt trotzdem fehl am Platz. Die Defizite der Vergangenheit beherzt und konstruktiv anzugehen, ist nicht die Kür, sondern die Pflicht der Politik“, betont Beckmann.

Quelle: Bitkom, 2018

Fünf Milliarden für die Schulen für moderne Lehrmethoden

Immerhin sollen über den im vergangenen Jahr verabschiedeten DigitalPakt Schule  bundesweit rund fünf Milliarden Euro für die Digitalisierung allgemeinbildender Schulen bereitgestellt werden – pro Schule sind das 120.000 Euro. Doch in der Anlaufphase 2020 wurden bisher erst 20 Millionen Euro von den jeweiligen Ländern bewilligt. Das rächt sich gerade zu Corona-Zeiten, wo digitale Lehrmittel helfen könnten, Klassen zu halbieren oder physischen Abstand unter Schülern zu wahren. „Der vielfach gepriesene Hybridunterricht wird nicht flächendeckend stattfinden können“, mahnt auch Beckmann. Es fehlt Lehrern wie Schülern einfach an digitalen Strukturen.

Stattdessen heißt es seit Beginn des neuen Schuljahres wieder Präsenzunterricht für alle. Um der Übertragung des Corona-Virus so gut wie möglich vorzubeugen, sind Lehrer und Schüler angehalten, auf Hygiene zu achten, Tische in jeder Pause zu desinfizieren und alle 20 Minuten die Fenster aufzureißen und zu lüften. Doch nicht immer gelingt es, die gesamte Luft im Klassenzimmer umzuwälzen. Zudem stellt das Lüften gerade mit Beginn der kalten Jahreszeit Lehrer wie Schüler vor große Herausforderungen. 

Besser wäre da eine Lüftungsanlage, die Viren und andere Schadstoffe aus der Luft filtert und den Unterricht so sicher gestaltet. Eine solche Lüftungsanlage haben Forscher des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz entwickelt. Der Clou: Alle Teile stammen aus dem Baumarkt, die Anlage kann in beinahe jedem Klassenraum mit geringem Aufwand installiert werden. Kostenpunkt: circa 200 Euro. „Unsere Messungen haben gezeigt, dass das Abluftsystem mit den Hauben über 90 Prozent der Aerosole kontinuierlich entfernt“, erklärt Frank Helleis vom Max-Planck-Institut für Chemie. Eine Bauanleitung haben die Forscher dann auch gleich ins Internet gestellt. Schulen, die dagegen nicht selbst basteln möchten, greifen auf konventionelle Lüftungsanlagen aus dem Fachhandel zurück. Dabei gelte es jedoch, darauf zu achten, dass die Anlagen den geltenden Regelwerken entsprechen und für öffentliche Gebäude und Schulen zugelassen seien, heißt es beim Fachverband Gebäude-Klima e. V. (FGK).

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