Rationalisierung

Mit Robotern gegen die Folgen der Pandemie

Von Christian Raum · 2020

Über den Sommer wurden in den Unternehmen IT-Systeme schnell und meist nur provisorisch aufgebaut, damit die Arbeit im Homeoffice fortgesetzt werden konnte. Auf dieser Grundlage etablieren die Verantwortlichen neue Arbeitsprozesse und Automatisierungen, die das Arbeitsleben im New Normal bestimmen werden.

Produktionsmitarbeiter bedient mit einem Tablet eine Maschine.
In der Fertigung wird die Arbeit zwischen Menschen und Maschinen neu aufgeteilt. Foto: iStock / helivideo

Homeoffice, Videokonferenzen, Verschlüsselungen, Softwareroboter, digitale Dokumente – mit der Corona-Pandemie sind die Arbeitsplätze mit neuen Anwendungen und neuen Konzepten geflutet worden. Die Arbeitsprozesse sind digitaler geworden, die IT-Netzwerke verbinden Kolleginnen und Kollegen, die sich weniger häufig und nur noch in kleineren Gruppen persönlich treffen können. Nicht nur weil sie im Homeoffice sitzen, sondern weil Reisen für viele kaum mehr möglich sind. Die Systeme, die über den Sommer häufig sehr schnell und provisorisch eingerichtet wurden, werden in den kommenden Monaten ausgebaut und weiter verstärkt. Und im direkten Vergleich zum vergangenen Jahr werden alle anders arbeiten. Die Grundlage für diese neue Form der Arbeit existiert bereits. 

Ohne Zweifel übernehmen im Zuge dieser neuen Arbeitsorganisation Roboter viele Tätigkeiten. Damit wird es zu einer wichtigen Aufgabe, die Arbeit zwischen Menschen und Maschinen neu aufzuteilen. Die Automatisierung wird im New Normal nicht nur große Teile der Routineaufgaben übernehmen. Wenn Menschen viel weniger reisen, ist sie auch für das Verteilen von Wissen rund um den Globus zuständig. 

Rationalisierung in den Fertigungen

Die Experten beobachten schon lange, wie künstliche Intelligenz und Industrie 4.0 zu einem Umdenken in der produzierenden Industrie führen. Eine Folge: Der Einsatz von Robotern senkt die Personalkosten deutlich, erhöht aber gleichzeitig bei vielen Produkten die Qualität. Für viele Manager ein guter Grund ins Ausland ausgelagerte Fertigungen zurück nach Deutschland zu holen. Dies hat einen deutlich positiven Effekt auf die Volkswirtschaft, weil die Wertschöpfung wieder im Land stattfindet. Innerhalb von hochautomatisierten, miteinander eng vernetzten Fabriken produzieren Roboter im Akkord. Software steuert die Maschinen und die Logistik, Techniker überwachen die Fertigungen von außen und kein Corona-Lockdown kann die Produktion anhalten. 

Eine weitere Digitalisierung, die in der Pandemie häufiger als zuvor diskutiert wird, ist die Automatisierung der Bürojobs. Die wird möglich, weil auch in den Verwaltungen, in der Buchhaltung oder im Vertrieb ein großer Teil von Routineaufgaben anfällt, der problemlos an Software und Algorithmen übergeben werden kann. Die Büroroboter haben allerdings keine Arme, mit denen sie Papierdokumente stapeln, heften und an die Kollegen verteilen und auch keine Greifer um Formulare zu stempeln. Die Dokumente der Zukunft sind digitale Schriftstücke, die von Computern nicht nur gelesen und erschlossen werden. Beispielsweise in Buchhaltungsabteilungen übernimmt Software schon heute den gesamten Prozess vom Rechnungseingang über das Buchen, den Abgleich von Rechnung, Angebot und Lieferdaten. Am Ende des Prozesses geben die Algorithmen die Zahlungsanweisung frei. Die zu einem wichtigen Teil automatisch erstellten Bilanzen werden an die Systeme der Controller weitergegeben, hier von Algorithmen auf Unregelmäßigkeiten überprüft und nach Rücksprache mit dem Team des Finanzvorstandes veröffentlicht.

Rationalisierung im Büro

Dabei fällt dem Homeoffice eine besondere Rolle zu, es könnte ein Zwischenschritt und der Ausgangspunkt zur Rationalisierung auch bei der Büroarbeit sein. Denn die Grundlage für das Arbeiten im Homeoffice sind digitale Dokumente – mit denen können Maschinen häufig sogar besser arbeiten als Menschen. Und während Wirtschaft und Politik über das Homeoffice streiten, arbeiten die Prozessmanager bereits mit Hochdruck an Konzepten auch diese Tätigkeiten an Roboter zu übergeben. Software kann Bürojobs oder auch Aufgaben aus den Callcentern übernehmen. Analog zu der Produktion könnte auch in den Verwaltungen die Wertschöpfung zurückgeholt werden – denn viele Unternehmen haben Buchhaltung, Vertrieb, Service oder auch den Support der Kunden ins Ausland verlegt. Mit der Automatisierung etwa auf Basis von Sprachrobotern können diese Tätigkeiten wieder in Deutschland stattfinden. Gleichzeitig werden die Verantwortlichen davon entbunden, ihren Niederlassungen im Ausland Homeoffice-Arbeitsplätze und die damit verbundenen Netzwerk- und Sicherheitsfunktionen zu finanzieren. 

Hohe Wertschöpfung der Softwareindustrie

Die in den Verwaltungen genutzte Softwarerobotik, digitales Dokumentenmanagement und die künstliche Intelligenz hinter den Prozessen ist auch ein Beispiel für den Erfolg der heimischen Softwareindustrie. In den vergangenen Jahrzehnten wuchsen viele IT-Hersteller, die mit großem Know-how an der Schnittstelle zwischen Papier und Digital arbeiten zu weltweiter Bedeutung. Denn die meisten Anbieter sind inzwischen in Konzerne integriert, die Software „Made in Germany“ auf dem gesamten Globus vertreiben. Mit diesen Systemen stellen sie ihre Kunden für die Anforderungen des New Normal neu auf.

Ähnliches gilt auch für Roboter in der Produktion und in der Logistik. Deutschland gilt mit rund 221.500 Industrie-Robotern als die am stärksten automatisierte Volkswirtschaft innerhalb der Europäischen Union. Weltweit steht sie auf Platz fünf. Für die Softwareindustrie bedeutet das ein jährliches Wachstum um rund drei Prozent, eine ständige Nachfrage nach Industrie-4.0-Implementierungen, nach Beratungsleistungen und Service. Und natürlich ist die Robotik Grundlage für neue Geschäftsmodelle, um eine immer schnellere Produktion und eine immer höhere Zahl von Aufträgen abzuwickeln. Ohne das Wissen und die Kompetenz der Softwareindustrie wäre der Aufbau und der Betrieb der Distributionszentren der Onlinekaufhäuser nicht möglich. Die sind aber unbestritten ein weiterer Grundpfeiler beim Wechsel vom stationären zum Handel über das Internet und die Apps – und damit für die Realisierung eines digitalen New Normal entscheidend.

Quellen:
Die Bundesregierung: IT-Kapazität für Homeoffice in den Bundesministerien während der Corona-Krise
DGB: Homeoffice braucht klare Regeln
The Wall Street Journal: White-Collar Robots Are Coming for Jobs

Array
(
    [micrositeID] => 58
    [micro_portalID] => 27
    [micro_name] => Systemrelevant
    [micro_image] => 5705
    [micro_user] => 1
    [micro_created] => 1604565058
    [micro_last_edit_user] => 1
    [micro_last_edit_date] => 1604577477
    [micro_cID] => 3333
    [micro_status] => 1
    [micro_cache] => 0
    [deleted] => 0
)