Ausstattung an Schulen

Digitaler Unterricht vor hohen Hürden

Von Michael Gneuss und Jürgen Ackermann · 2023

Die Digitalisierung in Deutschlands Schulen kommt langsam voran. Wie in vielen anderen Lebensbereichen hat auch hier die Coronapandemie als Katalysator des technologischen Wandels gewirkt. Dennoch liegt noch viel im Argen. Das betrifft sowohl die öffentliche Förderung als auch die technisch-infrastrukturelle und nicht zuletzt die personelle Ausstattung.

Ein Mann mit Brille greift sich verzweifelt an den Kopf, während verschiedene Personen ihm iPads entgegen halten.
In der smarten Schule brauchen Lehrkräfte digitale Kompetenzen. Foto: iStock / Inside Creative House

Die Ergebnisse des neuen „IQB-Bildungstrend 2021“ sind verheerend: Insgesamt 19 Prozent der Viertklässler lesen nicht auf dem Niveau, das zum Ende der Grundschule nötig wäre. Im Zuhören verfehlen gut 18 Prozent die Mindestkompetenzen, in der Orthografie sogar 30 Prozent. In Mathematik erreichten 22 Prozent der Schülerinnen und Schüler nicht den Mindeststandard. Optimale Kompetenzen hatten im Fach Deutsch zwischen sechs und acht Prozent der Viertklässler, in Mathematik knapp elf Prozent. Die Gründe sind vielfältig: Schon seit Jahren sacken die Kompetenzen der Viertklässler immer weiter ab. Hinzu kamen zuletzt die Coronapandemie und mit ihr der eingeschränkte Unterricht. So hatten die 26.844 geprüften Schülerinnen und Schüler nach Angaben der 1.464 teilnehmenden Schulen im Jahr 2021, in dem die jetzt veröffentlichten Daten erhoben wurden, durchschnittlich 32 Wochen Fern- oder Wechselunterricht – drei Viertel des Schuljahres verliefen also nicht regulär. Die Ergebnisse zeigen, dass die erworbenen Kompetenzen „zumeist bedeutsam mit den untersuchten Lernbedingungen zusammenhängen, insbesondere mit der räumlichen und technischen Ausstattung zu Hause“, heißt es in dem Bericht.

Nicht jedes Kind verfügt zu Hause über Computer oder Tablet, um den Unterrichtsstoff auch im Distanzunterricht durchzugehen und vom Lehrer aus der Ferne optimal betreut zu werden. Zudem waren gerade zu Beginn der Coronapandemie die Schulen nicht auf digitalen Unterricht eingestellt: Zwar haben flächendeckende Schulschließungen und Homeschooling einen Schub in der digitalen Entwicklung der Schulen geradezu erzwungen. Doch hat die Pandemie auch die technisch-infrastrukturellen Probleme gnadenlos offengelegt: So war häufig ein digitaler oder hybrider Unterricht kaum möglich – Online-Tools für den Fernunterricht, digitale Lernplattformen sowie technische Ausstattung und Übertragungsgeräte fehlten nahezu überall. Viele Schulen verfügten und verfügen auch heute noch nicht über eine leistungsfähige Internetverbindung. So forderte Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger erst kürzlich wieder, Deutschland müsse beim Ausbau des Internets an den Schulen schnell Fortschritte machen. Denn die Bundesrepublik sei „noch lange nicht am Ziel und zu langsam“. Und auch der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann, ist unzufrieden. Noch immer seien Breitband und WLAN nicht in allen Schulen angekommen. 

Geld für die ausstattung an schulen ist vorhanden

Dabei ist Geld für die Digitalisierung der Schulen vorhanden. So haben Bundesregierung und Bundestag bereits 2018 mit dem „DigitalPakt Schule“ die gezielte Förderung der Digitalisierung in den allgemeinbildenden Schulen mit fünf Milliarden Euro beschlossen. 2020 wurde diese Förderung dann im Zuge der Coronapandemie um 1,5 Milliarden Euro auf insgesamt 6,5 Milliarden Euro erhöht. 

Allerdings wurden bis zum März 2022 davon nur Mittel in Höhe von 1,2 Milliarden Euro für den Ausbau der digitalen Infrastruktur an Schulen ausgegeben und laufende Projekte im Umfang von 2,4 Milliarden Euro bewilligt. „Auch wenn der DigitalPakt Fahrt aufnimmt, bleiben die Zahlen hinter unseren Erwartungen zurück“, hatte die Bundesbildungsministerin schon damals geklagt.

Hohe Belastungen für Kommunen

Die Gründe dafür sind laut dem KfW-Kommunalpanel 2021 vielfältig. So sehen sich die Kommunen nicht nur mit den Kosten für eine moderne digitale Ausstattung der Schulen konfrontiert, sondern auch mit den Belastungen, die sich aus dem generellen Erhalt und der Modernisierung der Schulgebäude ergeben. Dies macht es gerade für Schulen in finanzschwächeren Kommunen schwer, bei der Digitalisierung Schritt zu halten. Angesichts der hohen und weiter steigenden Belastungen begrüßen die Kommunen natürlich die Förderung der Digitalisierung. Gleichwohl bemängeln sie die Kompliziertheit der Programme und Anträge. 

Allein schon, weil das Programm 2024 endet, wird von den Kommunen das Fehlen einer langfristigen finanziellen Planungssicherheit beklagt. Die Probleme gehen allerdings noch weiter. Laut KfW-Kommunalpanel 2021 haben mehr als die Hälfte der befragten Kommunen (53 Prozent) angegeben, dass vor allem personelle Engpässe in der Verwaltung die Abwicklung des DigitalPakts erschweren. „Ebenfalls über die Hälfte der Antworten entfallen jeweils auf das als kompliziert empfundene Antragsverfahren sowie Lieferengpässe bei der Beschaffung von IT-Equipment“, heißt es im Kommunalpanel weiter.

Komplizierte Antragstellung

Das „Deutsche Schulportal“ der Robert Bosch Stiftung hat einmal aufgelistet, was Schulen benötigen, um einen Antrag überhaupt stellen zu können. So müssen sie zunächst ein technisch-pädagogisches Konzept ausarbeiten und dabei benennen, welche digitale Ausstattung sie benötigen. Was ist in der Schule vorhanden? Was wird gebraucht und warum? Wie sollen Lehrkräfte für die Nutzung der Technik qualifiziert werden? 

Die Konzepte müssen die Schulen an die Schulträger weiterleiten. Bei öffentlichen Schulen sind die Schulträger meistens die Städte, Gemeinden oder Landkreise. Bei Privatschulen ist der jeweilige Träger ein Verein oder eine Religionsgemeinschaft. „Die Schulträger wiederum stellen dann einen Förderantrag beim Land. Sie bündeln dafür die Anträge der Schulen und stellen dann einen Gesamtantrag“, heißt es beim Deutschen Schulportal. „Das Land prüft den Antrag. Wird er bewilligt, können die beantragten Geräte oder die Software bestellt oder installiert werden. Das Geld fließt aber erst, wenn der Prozess abgeschlossen ist.“

Allein hier wird deutlich, dass, wenn man die Digitalisierung an Deutschlands Schulen vorantreiben will, mehr Transparenz und die Vereinfachung bei den Antragsprozessen um Fördermittel unabdingbar sind. Gerade kleine Schulträger benötigen Unterstützung, verfügen sie doch oft nicht über genügend qualifiziertes Personal, um die Mittel überhaupt beantragen zu können.

Moderne Technologien forcieren

Es ist also dringend geboten, das Tempo zu erhöhen, um vielfach überhaupt die Voraussetzungen für die Digitalisierung der Schulen zu schaffen. Dazu gehören in erster Linie natürlich WLAN und Internetempfang. „Zur Digitalisierung gehören zudem die Schaffung von Schulnetzwerken, die Nutzung von interaktiven Whiteboards, Beamern und von Softwareprodukten, die auf allen Tablets, Laptops und Co. installiert sein müssen“, erklären die Experten vom Online-Portal „Digitale Talente“. „Zugleich sollte auch der Einsatz anderer moderner Technologien, beispielsweise von 3-D-Druckern, an den Schulen forciert werden.“

Klar muss jedoch sein, dass das rein technische Equipment noch keine digitale Schule macht. Wichtig ist darüber hinaus, dass die Lehrerinnen und Lehrer über ausreichend digitale Kompetenzen und Kenntnisse verfügen, um mit den digitalen Tools auch umgehen und einen pädagogischen Mehrwert daraus ziehen zu können. Hier gibt es immer noch erheblichen Nachholbedarf. Entsprechend muss das Angebot an Weiterbildung im digitalen Sektor kontinuierlich ausgebaut werden.

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