Digitalisierung an deutschen Schulen

Digitalisierung: ungenügend!

Von Michael Gneuss und Katharina Lehmann · 2021

Die deutschen Schulen haben die Digitalisierung verpennt – nun heißt es, den technologischen Wandel mit Mut und Initiative voranzutreiben. Doch noch immer hemmen Bürokratie, fehlende finanzielle Mittel und auch mangelndes Wissen den Fortschritt. Daran hat auch Corona wenig geändert.

Eine Lehrerin im Videocall mit Schülern
Viele Lehrende brachten den Unterricht über Videocalls in die Kinderzimmer. Foto: iStock / LeoPatrizi

Das neue Schuljahr ist in den Bundesländern bereits angelaufen, und überall sind die Bestrebungen groß, die Schulen offen zu halten und durchgehend Präsenzunterricht anzubieten. Denn klar ist: Erneute Schulschließungen über Monate, wie es im vergangenen Winter-Lockdown der Fall war, wären für Eltern und Lehrer, vor allem aber für die Schüler, fatal. „Die Kinder und Jugendlichen müssen wieder in den Schulen unterrichtet werden. Die Einschränkungen durch die Schutzmaßnahmen in der Pandemie haben sehr viele Kinder und Jugendliche stark belastet“, erklärte auch Bundesbildungsministerin Anja Karliczek im Interview mit der Augsburger Allgemeinen.

Zwar haben viele Lehrer engagiert und zum Teil auf eigene Faust den Unterricht per Skype, Zoom und Co. in die Kinderzimmer gebracht. Doch manch ein Schüler war gar nicht – oder bestenfalls per E-Mail – erreichbar. Für sie hieß das: Sie mussten oft allein mit dem Lehrstoff klarkommen, in Eigenregie die Themen durcharbeiten und sich im Kinderzimmer selbst motivieren. Ein Problem vor allem für Kinder, deren Eltern sich nicht mit Homeschooling beschäftigen konnten. Sie gelten schon heute als Verlierer der Coronakrise.

Schüler mit Tablets
Tablet statt Schulheft – Schüler müssen mit digitalen Endgeräten ausgestattet werden. Foto: iStock / skynesher

Digitalisierung an deutschen Schulen: nicht nur in der Krise

Fakt ist: Wären die Schulen bereits digitalisiert in die Coronakrise hineingegangen, wären viele Probleme abgefedert worden oder gar nicht erst entstanden. Über Lernplattformen, die Schüler untereinander und mit ihren Lehrern verbinden, kann der Unterrichtsstoff in digitaler Form veranschaulicht und immer wieder zur Repetition zur Verfügung gestellt werden. So hätten digitale Werkzeuge nicht nur die Schüler, sondern auch die Lehrkräfte im Fernunterricht erheblich unterstützt. Doch die Digitalisierung der Schulen muss auch unabhängig von der Coronakrise vorangetrieben werden – und das deutlich schneller als bisher, fordert auch Bildungsministerin Karliczek. „Wir wollen sicherstellen, dass die Kinder auch aus der Ferne gut unterrichtet werden können. Denken Sie zum Beispiel an Kinder, die für längere Zeit erkranken und deshalb nicht in die Schule gehen können.“ Insgesamt gehe es aber um sehr viel mehr: „Die Schülerinnen und Schüler müssen lernen, die Tools zu beherrschen und sich in der digitalen Welt zurecht zu finden“, so Karliczek. Denn digitale Medien und Technologien sind aus der modernen Welt nicht mehr wegzudenken – ein kompetenter Umgang mit ihnen wird immer mehr zum Erfolgsgarant im späteren Arbeitsleben. Und der Grundstein dafür wird eben auch in den Schulen gelegt. So wünschen sich nach Angaben des aktuellen Bildungsbarometers des Münchner ifo-Instituts 77 Prozent der etwa 4.000 befragten Erwachsenen, dass die Schulen auch nach dem Ende der Pandemie verpflichtend Computer im Unterricht einsetzen. Und 81 Prozent befürworten zudem, dass Lehrkräfte dazu verpflichtet werden, sich fortzubilden. Sollte es erneut zu Schulschließungen von mehr als einer Woche kommen, halten 74 Prozent der Befragten verpflichtenden Onlineunterricht für essenziell.

Groß ist auch die Zustimmung zu digitalen Lernplattformen, zu Onlinesprechstunden zwischen Lehrkräften und Eltern sowie zur Bereitstellung von Videomaterial mit Erklärungen durch die Lehrkräfte. Relativ gespalten ist die Meinung einzig beim verpflichtenden Angebot von Hybridunterricht, an dem Schulkinder entweder online oder in Präsenz teilnehmen können. Zwar spricht sich eine Mehrheit von 51 Prozent dafür aus, gleichzeitig sind jedoch auch 37 Prozent dagegen. 

Grafik: Nutzungshäufigkeit eines Lernmanagement-Systems im Unterricht

Mehr Geld, weniger Bürokratie

Für die Lernplattformen und entsprechende Software, für flächendeckendes WLAN und Schulnetzwerke, für Whiteboards und Tablets für Schüler und Lehrer brauchen die Schulen indes Geld. Zwar stellt der Bund mit dem „DigitalPakt Schule“ für fünf Jahre insgesamt rund sieben Milliarden Euro bereit – für die einzelnen Einrichtungen stehen damit aber nur rund 30.000 Euro pro Jahr zur Verfügung. Gleichzeitig sind die bürokratischen Hürden, um die Digitalisierungshilfen zu empfangen, hoch. Hier gilt es, schnell Abhilfe zu schaffen, sollen nicht einzelne Schulen und Schüler systematisch benachteiligt und abgehängt werden. Denn auch das zeigt das ifo-Bildungsbarometer: Alle Kinder sollen in der Schule die gleichen Chancen haben. So wünscht sich eine deutliche Mehrheit der Befragten eine intensivere Betreuung für benachteiligte Kinder, etwa für Schülerinnen und Schüler aus schwierigen sozialen Verhältnissen, Kinder von Alleinerziehenden oder mit Migrationsgeschichte. 

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